“Bei meiner kurzen Trainerzeit in Almería hatte ich am Ende mehr Freunde als Punkte”

Der ehemalige deutsche Nationalspieler war unter anderem auch acht Jahre für Real Madrid aktiv und lebt jetzt an der Costa del Sol

Uli Stielike im Interview
Uli Stielike beim Interview Ende November beim GOFUS Medien Cup.

Uli Stielike im Interview

Der ehemalige deutsche Nationalspieler Uli Stielike, der viele Jahre als Mittelfeldakteur bei Real Madrid triumphierte und später eine Trainerlaufbahn einschlug, war diesen November zum ersten Mal beim Benefiz-Golfturnier GOFUS Medien Cup in Marbella dabei. Beim Presseabend während der mehrtätigen Veranstaltung nahm sich Stielike Zeit für ein Interview mit Costa del Sol ONline.

Herr Stielike, seit wann ist die Costa del Sol ihr fester Wohnort?
Wir leben jetzt seit zwei Jahren zwischen Benalmádena und Fuengirola.

Und wie kam es dazu, dass Sie sich für Spanien als Wahlheimat entschieden haben?
Das war von langer Hand geplant. Das Grundstück haben wir bereits vor zehn Jahren gekauft. 2018, als ich noch in China tätig war, haben wir angefangen zu bauen. Die Idee war, nach meiner Zeit in Asien dann einzuziehen und das hat dann auch wunderbar geklappt. Seit Oktober 2020 leben wir fix hier.

Woher kannten Sie die Gegend hier?
Ich war ja acht Jahre in Madrid und in der Zeit haben wir öfter an der Costa del Sol Urlaub gemacht. Ich habe hier auch einen Bekanntenkreis und natürlich gefällt uns die Gegend sehr gut. Das Klima, die Luftqualität, man hat sowohl Wasser wie auch Berge – das ist einfach eine perfekte Kombination.

Wie kam der Kontakt zu den Veranstaltern des Benefiz-Turniers in Marbella, Jörg Wontorra und Helmut Brune, zu Stande?
GOFUS steht ja für Golf spielende Fußballer, die sich für einen guten Zweck einsetzen. Und dadurch, dass ich jetzt hier lebe, haben die beiden angefragt, ob ich Lust hätte teilzunehmen. Es ist immer wieder schön, alte Mit- oder Gegenspieler zu treffen, wie in meinem Fall zum Beispiel Rainer Bonhof oder die Kremers-Zwillinge. Wir haben uns teilweise Jahrzehnte nicht mehr gesehen.

Dann kommen wir doch gleich Mal zu Ihrer Spielerkarriere. Sie sind ja nach der goldenen Zeit bei Borussia Mönchengladbach 1977 zu Real Madrid gewechselt. Wie lief das damals denn ab?
Für mich war es eigentlich kein guter Ausgang, außer natürlich, dass ich danach bei Real Madrid unter Vertrag stand. Bei der Wahrnehmung um mich als öffentliche Person wurde viel böses Blut vergossen. Von Seiten des DFB wurde ich praktisch als Fahnenflüchtiger dargestellt. Man hat mir vor meiner Vertragsunterschrift gedroht, dass man mich nicht zur WM nach Argentinien mitnehmen würde. Und so kam es dann auch. Ich war dadurch gebrandmarkt und hatte dementsprechend bei der Presse einen schweren Stand.

Oha, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Genau. Von Februar 1977 bis Dezember 1979 wurde ich vom DFB aufgrund des Wechsels gesperrt. Ich durfte in dieser Zeit kein Länderspiel bestreiten. Dadurch, dass die WM in die Hosen ging und ich bei Madrid sehr gute Leistungen brachte, Meister geworden bin, 13 Tore als Mittelfeldspieler erzielte, etc. hat man sich dann wieder besonnen. Dazu muss man wissen: Es gab damals noch keine Abstimmung zwischen nationalen Spielkalendern sowie europäischen und internationalen Wettbewerben. Es kam zum Beispiel oft vor, dass wir bei Real unter der Woche im Pokal oder auch in der Liga ranmussten, während etwa Deutschland gegen Österreich ein Länderspiel absolvierte.

Sie waren stolze acht Jahre bei den Königlichen, sind dabei drei Mal zum besten Ausländer der Primera División gekürt worden. Was nehmen Sie mit aus der Zeit von Madrid, sportlich wie auch persönlich?
Zu unserer Zeit gab es noch die Regel, dass nur zwei Ausländer pro Team spielberechtigt waren. Von daher musste ich natürlich um meine Position kämpfen bei der ersten und zweiten Vertragsverlängerung. Als 1985 mit Ramón Mendoza ein neuer Präsident kam, tauschte er mich dann gegen Hugo Sánchez aus. Aber ansonsten nehme ich sehr viel Positives mit. Mit 22 Jahren, frisch verheiratet und in Madrid auf eigenen Füßen stehen, Verträge selber aushandeln, unsere eigene Existenz aufbauen – das hat mich in meiner persönlichen Entwicklung sehr weitergebracht.

Die Trainerkarriere

Dann gehen wir doch jetzt noch auf Ihre Trainerkarriere ein. Nach der Station Waldhof Mannheim ging es kurioserweise 1996 zu UD Almería. Der andalusische Club ist mittlerweile Dank der Investition eines Scheichs in der ersten Liga und steht heute finanziell ganz anders da, als Sie damals das Zepter in die Hand nahmen.

Die Vorzeichen waren komplett anders. Zum einen spielten wir in der Segunda División, also in der zweiten Liga. Und zum anderen glaubte der damalige Präsident, dass wenn er einen namhaften Trainer einkauft auch automatisch die Ergebnisse besser werden. Dem war nicht so. Ich war nur drei Monate dort. Ich sage immer im Flachs (obwohl es der Wahrheit entspricht), dass ich in Almería mehr Freunde als Punkte gemacht habe.

Wie ist UD Almería eigentlich auf Sie aufmerksam geworden?
Durch meine Zeit bei Real Madrid hatte ich in Spanien natürlich einen Namen. Zudem hatte ich ja auch schon ein paar Trainerstationen vorzuweisen, wie zum Beispiel bei der Schweizer Nationalmannschaft.

1997 gab es das Gerücht, dass Jupp Heynckes sie als Co-Trainer zu Real Madrid holen wollte. Ist da was dran?
Ja, ursprünglich wollte er mich verpflichten. Wir wollten eigentlich zurück nach Deutschland und sind dann doch noch in Spanien geblieben. Warum es letztlich doch nicht geklappt hat, weiß ich bis heute nicht. Wenig später kam aber bereits der DFB auf mich zu unter Berti Vogts, der damals bei Gladbach einer meiner Mitspieler war.

Dort waren sie dann acht Jahre tätig, erst als Trainer bei diversen Jugendmannschaften bis hin zur Assistenz von Nationaltrainer Erich Ribbeck. Angeblich gab es 2006 noch einmal eine Anfrage von Real Madrid als Sportdirektor.
Davon weiß ich nichts. Ich war eigentlich seit meiner Zeit beim DFB durchweg als Trainer tätig und habe jetzt eben 2020 beschlossen, meine Karriere zu beenden. Seitdem genieße ich die Zeit an der wunderschönen Costa del Sol.

Die Spielerstationen von Uli Stielike

Jahre Station Spiele (Tore)
1972–1977 Borussia M’gladbach 109 (12)
1977–1985 Real Madrid 215 (41)
1985–1988 Neuchâtel Xamax 67 (10)
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1972–1973 DFB-Jugendauswahl 16 (0)
1973–1975 Deutschland Amateure 10 (3)
1975–1984 Deutschland 42 (3)

Die Trainerstationen von Uli Stielike

Jahre Station
1989–1991 Schweiz
1992–1994 Neuchâtel Xamax
1994–1995 SV Waldhof Mannheim
1996 UD Almería
1998–2000 Deutschland (Co-Trainer)
2001 Deutschland U-20
2001–2003 Team 2006
2003–2004 Deutschland U-21
2004–2005 Deutschland U-19
2005–2006 Deutschland U-20
2006–2008 Elfenbeinküste
2008 FC Sion
2009–2010 Al-Arabi
2010–2012 Al-Sailiya
2013–2014 Al-Arabi
2014–2017 Südkorea
2017–2020 Tianjin Teda

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