Spaniens oberste Richter: Ausgangssperre von 2020 war verfassungswidrig

Nur der Ausnahmezustand hätte es ermöglicht, die Bewegungsfreiheit im Land aufzuheben. Die spanische Regierung hatte den Alarmzustand ausgerufen.

Spanien Ausnahmezustand
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez zeigte sich nach dem Urteil des Verfassungsgerichts "überrascht". Man werde aber die Entscheidung akzeptieren.

“Alarmzustand war das falsche Instrument”

Das spanische Verfassungsgericht hat die zu Beginn der Corona-Pandemie von März bis Juni 2020 angeordnete ganztägige Ausgangssperre für verfassungswidrig erklärt. Für eine derartige Einschränkung der Freiheitsrechte hätte der Ausnahmezustand (estado de emergencia) und nicht der Alarmzustand (estado de alarma) verhängt werden müssen, hieß es zur Begründung. Dieser sei eine unzureichende Rechtsgrundlage für die Ausgehsperre.

Die Entscheidung fiel mit sechs zu fünf Stimmen knapp aus. In den vergangenen Wochen waren sich die Richter bei mehreren Sitzungen nicht einig geworden. “Das Gericht sagt nicht, dass die Ausgangssperre nicht notwendig war, sondern vielmehr, dass der Alarmzustand nicht das Instrument war, um ihn zu verordnen”, hieß es im Urteil des Verfassungsgerichts.

Die Regierung unter Pedro Sánchez hatte bei Ausbruch der Corona-Pandemie auf den Alarmzustand gesetzt und ihn sich nachträglich vom Parlament genehmigen lassen. Der Ausnahmezustand hingegen muss laut der spanischen Verfassung vom Parlament auf Antrag der Regierung ausgerufen werden. Nur dieser hätte es ermöglicht, die Bewegungsfreiheit im Land aufzuheben.

Als Folge des Urteils könnte es zu einer Welle von Schadensersatzklagen von Bürgern kommen, die ohne gesetzliche Grundlage gezwungen wurden, zu Hause zu bleiben. Ob Bußgelder zurückverlangt werden können, ist noch nicht geklärt, gilt aber eher als unwahrscheinlich. Die Polizei soll in dem besagten Zeitraum rund eine Million Bußgelder verhängt haben, von denen viele noch nicht bezahlt wurden. Auch einige Strafverfahren müssten eingestellt werden.

In einer ersten Reaktion zeigte sich die Regierung von Pedro Sánchez überrascht und verärgert. Man habe ähnlich wie andere europäische Länder die Maßnahmen getroffen, um so schnell wie möglich auf die Ausweitung der Corona-Pandemie zu reagieren, sagte die neue spanische Justizministerin Pilar Llop. Man werde das Urteil aber respektieren.

Quellen: El País, Diario SUR.

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