“Koch ist immer noch mein Traumberuf”

Michael Lienhoop, Chef des Ku' Damm Berlin im Yachthafen von Fuengirola, im Costa del Sol ONline Interview

Michael Lienhoop Interview
Michael Lienhoop vor seinem Restaurant in Fuengirola.

Michael Lienhoop Interview

Michael Lienhoop ist als Chef des Restaurants “Ku’ Damm Berlin” im Yachthafen von Fuengirola an der Costa del Sol bekannt – und zwar nicht nur bei deutschsprachigen Residenten, sondern auch bei Spaniern. Sein Werdegang begann inmitten der berühmten Böttcherstraße in Bremen. Nach dem Schulabschluss absolvierte er dort eine Kochlehre im Restaurant Martini. “Koch war und ist immer noch mein Traumberuf”, sagt Lienhoop.

Mit 23 Jahren wagte er bereits den Schritt in die Selbstständigkeit – im Nachhinein vielleicht etwas zu früh, wie er heute selbst einräumt.

Unsere Autorin Cornelia Meinhardt hat mit Michael Lienhoop über seine Anfänge in Spanien und sein Leben an der Costa del Sol gesprochen.

Wann und wie sind Sie nach Spanien gekommen?

Mein Vater hat 1987 in Fuengirola ein Apartment gekauft. Fast gleichzeitig erhielt er ein günstiges Kaufangebot für das Haus eines dänischen Paares, das sich scheiden ließ und es deshalb verkaufen musste. Einer inneren Stimme folgend hat er sofort zugegriffen.

Zu der Zeit war ich noch in Bremen und hatte dort eine Gaststätte namens “Das kleine Lokal”. Diese habe ich verkauft und mir gedacht, dann fahre ich eben mal zu meinem Vater nach Fuengirola und schaue mich um. Ohne ihn wäre ich vielleicht gar nicht auf die Idee gekommen, auszuwandern. Übrigens führt der neue Besitzer in Bremen mein “Kleines Lokal” bis heute unter diesem Namen weiter.

Wie ging es dann weiter?

Das Haus des Dänen habe ich 1987 selbst umgebaut. Es war wunderschön, mit einem Patio, und es wurde mein erstes Restaurant hier. Ich habe es “Tomate” genannt – ein Abendrestaurant mit feinerer Küche. Ein halbes Jahr später, 1988, kam mein Bruder ebenfalls hierher. Wir richteten ein kleines Lokal ein, das wirklich nur aus einem ganz schmalen Schlauch bestand. Das war die Geburtsstunde des heutigen “Ku’Damm Berlin”. Mein Schwerpunkt blieb bis 2004 aber die “Tomate”, während sich mein Bruder vor allem dem “Ku’Damm” widmete. Beide Läden gehörten zusammen; es war eine Firma, in der wir beide als Partner fungierten.

Der Name “Ku’damm” stammt übrigens von meinem Bruder, der ein großer Berlin-Fan war. Wir wollten hier eine typisch deutsche Kneipe aufmachen, in der man eine “Molle” trinken und sich unterhalten kann. Nur Getränke ohne Speisen liefen jedoch nicht so gut – also wurde ein richtiges Restaurant daraus.

Inzwischen hatte ich auch meine spanische Frau kennengelernt, mit der ich drei wunderbare Töchter großgezogen habe. Zwei von ihnen helfen bereits im Restaurant mit. Die Älteste ist 35, die Jüngste 27.

Sind sie ständig im Restaurant?

Meine Frau kommt ebenfalls ab und zu, sodass ich nicht mehr immer selbst vor Ort sein muss. Ich gehe gern morgens in die Küche zum Vorbereiten und kümmere mich danach um den Einkauf, um Freunde, die mich – wie jetzt gerade – aus Deutschland besuchen, oder um meinen kleinen Enkel. Das sogenannte “Bons abkochen”, also die Endzubereitung der Gerichte, nachdem eine Bestellung in der Küche eingegangen ist, überlasse ich gerne unserem Küchenpersonal.

Mit meinem Küchenchef Guido, mit dem ich schon in Bremen gearbeitet habe, bin ich gut befreundet. Wir achten darauf, dass zum Beispiel der Geschmack unseres Kartoffelsalats authentisch deutsch bleibt, wie wir ihn aus unserer Kindheit kennen. Ein spanischer Koch würde womöglich unbewusst in seine typischen Geschmacksgewohnheiten abdriften und peu à peu Veränderungen vornehmen.

Was mögen Sie an Spanien, und was ist anders als in Deutschland?

Hier verändert sich alles recht stark, aber leider nicht immer in die richtige Richtung – wie fast überall in Europa. Was mir in Deutschland weniger gefallen hat, waren die vielen Genehmigungen, die man ständig brauchte: für alles und jedes gab es Gesetze, Vorschriften und Verbote. Hier in Spanien war das früher etwas lockerer. Heutzutage ist natürlich auch vieles geregelt, aber insgesamt etwas entspannter.

Außerdem wird in Spanien die Bevölkerung nicht ständig durch die Medien in Panik oder Angst versetzt, wie ich es in Deutschland oft erlebt habe.

Wie schnell haben Sie Spanisch gelernt?

Ich habe relativ schnell und recht gut gelernt, weil ich mit einem Freund jeden Morgen zwei Stunden Privatunterricht nahm. Im Lokal waren anfangs auch immer Handwerker zugange, mit denen ich mich verständigen musste. Mittlerweile verstehe ich sogar die Andalusier mit ihrem nicht ganz einfachen Dialekt.

Meine Töchter haben alle die deutsche Schule besucht und können sich in drei Sprachen ausdrücken, einschließlich Englisch. Die Jüngste sprach früher nicht ganz so perfekt Deutsch wie ihre älteren Schwestern, darum haben wir sie für ein halbes Jahr nach München geschickt. Im Nachhinein gesehen war das vielleicht nicht der perfekte Ort, um Hochdeutsch zu lernen. (schmunzelt)

Welche Nationalität haben die Gäste, die im “Ku’Damm” speisen?

Interessanterweise kommen mehr Einheimische als Deutsche zum Essen. Das liegt vermutlich daran, dass deutsche Touristen im Ausland eher die landestypischen Speisen probieren möchten, während der Andalusier gern mal zum “Deutschen” geht – so wie wir zum “Italiener” oder zum “Griechen”. Natürlich haben wir auch viele deutsche Stammkunden, die hier leben, und Urlauber, die uns im Yachthafen entdecken.

In Torrox, Algarrobo und Torre del Mar sind viel mehr Deutsche ansässig. Dort habe ich neulich ein Schild an einer Bäckerei gesehen, auf dem stand: “Hablamos español.”

Haben Sie überwiegend Stammpersonal, oder wechseln die Mitarbeiter häufig?

Bis zur Corona-Zeit waren wir ein eingespieltes Team, das viele Jahre effektiv zusammengearbeitet hat. 70 Prozent der Mitarbeiter waren über 20 Jahre bei mir angestellt. Nach und nach sind sie dann in Rente gegangen, sodass wir ein neues festes Team aufbauen mussten. Die Kosten steigen leider enorm. Früher hat man für 60 Euro den Einkaufswagen vollgekriegt, heute kostet es das Doppelte. Ich bin aber stolz darauf, dass Menschen aus vielen verschiedenen Nationen in meinem Betrieb arbeiten: eine Bulgarin, zwei Italiener, viele Südamerikaner, ab und zu auch mal ein Deutscher – wobei deutsche Mitarbeiter schwer zu finden sind.

Wer Lust hat, kann sich gern bei uns melden, vor allem in der Küche könnte Guido Unterstützung gebrauchen. Er hätte gern einen Koch an seiner Seite, der die deutschen Gerichte genau so zubereitet, wie sie auf unserer Speisekarte stehen – zum Beispiel Königsberger Klopse, Kohlrouladen, Bouletten, Grünkohl mit Pinkel. Ich versuche immer, saisonale deutsche Gerichte anzubieten. Nach der Grünkohlzeit folgt bald der Spargel, den ich aus Navarra liefern lasse. Den rohen Schinken räuchere ich selbst nach altem Hausrezept. Besonders gefreut hat es mich, dass Gäste nach der Coronazeit zu mir in die Küche gekommen sind und sich persönlich für die gute Mahlzeit bedankt haben.

Was bevorzugen Sie selbst kulinarisch?

Ich bin ein Fischmensch. Ich liebe frische Doraden, aber auch geräucherten Fisch aus dem hauseigenen Räucherofen wie Lachs und Forellen.

Was fehlt Ihnen hier?

Schwarzbrot! Das Brot hier schmeckt immer noch anders als das Schwarzbrot meiner Erinnerung. Und früher bin ich einmal pro Woche nach Marbella gefahren, um frischen Dill zu bekommen. Ein kleines Bund kostete damals 1000 Peseten, was eine Menge Geld war.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Früher bin ich oft gesegelt und habe vor, damit wieder anzufangen. Außerdem fotografiere ich gern, und wir machen öfter kleine Kurztrips in die Umgebung, die viel Spannendes bietet. Meine andalusischen Freunde wundern sich manchmal, dass ich Gegenden kenne, von denen sie selbst noch nie gehört haben. Am besten sind immer die spontanen Touren ins Blaue. Theater und Konzerte – ob Rock oder Pop – besuche ich auch gern, sofern es der Terminkalender zulässt. Riesige Menschenansammlungen empfinde ich allerdings als etwas unangenehm.

Würden Sie noch einmal ein neues Projekt anfangen?

Wer weiß? Mich fasziniert im Moment Málaga, weil die Stadt so boomt. Málaga ist toll geworden. Vielleicht suche ich mir dort eine kleine Dependance, um das Geschäftliche zu trennen, denn irgendwann müssen die Kinder hier alles allein machen. Wenn der Alte immer herumsitzt, ist das auch nicht ideal. Aber noch ist es nicht so weit – die Mädels müssen noch ein bisschen zulegen.

Michael Lienhoop Interview
Nach dem Gespräch: Cornelia Meinhardt und Michael Lienhoop.

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