Schauspieler Charles M. Huber im Interview
Der Schauspieler, Autor und ehemalige Bundestagsabgeordnete Charles M. Huber hat sich nach vier Jahren in seinem Haus im Senegal und einer Zwischenstation in Deutschland an der Costa del Sol niedergelassen. Bekannt wurde der Weltbürger und Urbayer als Kriminalkommissar Henry Johnson in der legendären TV-Serie “Der Alte”.
Wir haben mit Charles M. Huber über aktuelle Projekte und sein Engagement für Afrika gesprochen.
In diesem Jahr konnten sich die Zuschauer über Ihr TV-Comeback freuen, stehen neue TV-Projekte an?
Im Februar war ich in der Serie “Ein Krimi aus Passau” zu sehen. Ich sage es mal so, ich kümmere mich nicht proaktiv um eine zweite Karriere im Fernsehen, aber es hat mir sehr viel Spaß gemacht, wieder vor der Kamera zu stehen und diesmal durfte ich Dialekt sprechen. Das war ein bisschen wie Heimkommen. Ich bin in Niederbayern aufgewachsen, in dem 1.200-Seelen-Dorf Großköllnbach, in dem jeder jeden kannte. Das Leben dort hat mich nachhaltig geprägt. Aber auch wenn man verwurzelt ist, will man trotzdem die Welt kennenlernen. Mein Interesse gilt nach wie vor auch der Politik. Der Begriff Langeweile ist mir gänzlich unbekannt.
In der Kult-Serie “Der Alte” haben Sie von 1986 bis 1997 an der Seite des gerade 100 Jahre alt gewordenen Rolf Schimpf (Hauptkommissar Leo Kress) gespielt.
Das war eine tolle Zeit. Ich war ja damals der erste schwarze Seriendarsteller in Europa. Und Rolf Schimpf war ein toller Kollege und Freund. Zu seinem 100. Geburtstag habe ich ihn in seiner Seniorenresidenz besucht. Er ist zwar inzwischen etwas dement. Aber nach kurzer Anlaufzeit haben wir lange über alte Zeiten geplaudert. Das war sehr schön in Anbetracht der Zeit die vergangen ist und vor dem Hintergrund seines Alters sehr rührend. Ich habe ihm daher versprochen bald mal wieder vorbeizuschauen.
Sie beschäftigen sich nicht erst seit Sie mit 28 Jahren zum ersten Mal Ihrem Vater begegneten mit dem Teil Ihrer afrikanischen Identität?
Bayern war schön und was den Wertebegriff anbelangt, für mich auch im Wesentlichen prägend und ist auch meine erste Heimat. Hier leben die meisten meiner Freunde, und da habe ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht. Aber auch das Leben in Afrika hat meinen Blick auf die Welt in vielen Dingen verändert. Mein afrikanisches Erbe verleugne ich daher nicht. Meine senegalesische Familie hatte mit Leopold Sedar Senghor und meiner Tante Caroline Faye als Ministerin die erste Regierung nach der Unabhängigkeit gestellt, in einer Partei, die mein Großvater gegründet hatte. Vor diesem Hintergrund schreibe ich in meinem Buch “Weltbühne Afrika“ über die neue Rolle Afrikas, auch mit Hinblick auf den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Kooperation und den kommunizierten Zerrbildern afrikanischer Kulturen.
Von 2013 bis 2017 saßen Sie für die hessische CDU im Bundestag?
Ich hatte einen guten Austausch mit der Kanzlerin und ich darf für mich in Anspruch nehmen, dass die Umstellung von einer klassischen Entwicklungspolitik zu einer Wirtschaftskooperation auf meiner Expertise beruhte, da ich die Kanzlerin dazu inspirierte, dieses Thema auf die Ebene der G-20 anzusiedeln. Denn wie es so schön heißt. „Wer nicht mit den Großen am Tisch sitzt, wird Teil des Menüs“. Seit letztem Jahr ist die Afrikanische Union offiziell der Gruppe der G-20 beigetreten. Die Außenpolitik war lange ein Stiefkind der deutschen Politik. Spätestens seit dem Erstarken des internationalen Terrorismus hat man erkannt, dass Außen- und Innenpolitik in einem immer stärkeren Zusammenhang zu verstehen sind.
Woran arbeiten Sie im Moment?
Privat arbeite ich an einem Drehbuch. Es ist ein dramatischer, zeitgenössischer Stoff und hat mit Afrika zu tun. Ich möchte da nicht zu viel verraten. Es könnte ein Mehrteiler für Netflix sein. Das Thema ist auf alle Fälle sehr aktuell.
Ist das Ihr erstes Drehbuch?
Nein, ich habe viele Drehbücher geschrieben. Davon ist mir eines aus der Hand gegriffen worden, bei einem Pitch in Cannes. Von einer internationalen Produktion, es hieß: “Der Boxer”. Das wurde mit dem Originaltitel dann in einem anderen Setting verfilmt, meines war Deutschland. Die haben das Setting einfach von Deutschland nach Irland verlegt. Der Film wurde für den Golden Globe nominiert. Das alles hat mich aber nicht entmutigt und ich habe dann mein erstes Buch: “Ein Niederbayer im Senegal geschrieben”. Es war zuerst als Doku-Projekt geplant und wurde auch vom Film Fond in Berlin gefördert. Leider war es in der Themenbehandlung der Zeit voraus und kein Sender wollte es haben.
Was ist ihre Motivation als Drehbuchautor?
Man muss einfach eine Verbindung zu den Themen haben über die man schreibt. Zudem ist es auch ein Handwerk, dass man beherrschen muss. Neben den Themen bedarf es aber auch interessanter Charaktere, welche einen durch die Geschichte führen.
Sie sind nach wie vor politisch tätig?
Ich bin am Schicksal Deutschlands nach wie vor interessiert. Für Deutschland und die EU wird es nun nach den US-Wahlen nicht einfach werden, sich wirtschaftlich auf hohem Niveau zu behaupten. Wenn Sie Politik einmal gemacht haben, die ganzen institutionellen Abläufe kennen und sehen, interpretieren Sie viele Vorgänge in der Weltpolitik etwas anders als jemand, der nicht im politischen System tätig war. Ich bin nach wie vor global vernetzt, im Sinne der Diplomatie und der Politik, besonders zu Afrika. Nach meiner Zeit im Bundestag war ich als Berater des damaligen Präsidenten Senegals, Macky Sall, tätig. Das ist noch einmal ein ganz anderes Terrain. Was meine politisches Interesse anbelangt liegt der Focus augenblicklich mehr auf Deutschland. Deutschland braucht ein anderes Gesamtkonzept, gerade bei den Themen Migration und Wirtschaft.
Sie haben vier Jahre lang im Senegal gelebt. Wie waren Ihre Erfahrungen?
In meinem Haus im Senegal hatte ich viel Kontakt mit den Fischern und da musste ich hautnah miterleben, wie junge Menschen in den bunten Fischerbooten an meinem Haus vorbeifuhren und sich auf den Weg zu den Kanarischen Inseln machten. Sie berichteten mir, dass es sich nicht mehr lohnen würde, aufs Meer rauszufahren, da der Sprit teurer sei als der zu erwartende Ertrag. Sie lachten und winkten, obwohl sie wussten, dass ihre Chance, diese Reise zu überleben, lediglich bei 50 Prozent lag. Viele von ihnen fanden im Meer den Tod. Einige von ihnen kannte ich auch persönlich. Das verdaut man nicht so leicht. Auf Grund der Notsituation der Fischer und der steigenden Fischpreise im Senegal wurde das Fischereiabkommen mit der EU nicht mehr erneuert.
Was haben Sie aus Ihrer Zeit in Afrika mitgenommen?
Nach meinen zahlreichen Afrika-Aufenthalten wurde mir klar, dass wir auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Es ist gut, beide Kulturen zu verstehen und auch einmal die Perspektive der Afrikaner einzunehmen. Kulturell, ökonomisch und somit auch politisch.
Wie kann man Afrika unterstützen?
Klassische Entwicklungshilfe allein reicht nicht, um das Phänomen illegaler Migration zu bekämpfen. Afrika hat sich lange um eine Wirtschaftskooperation mit Deutschland und seinen Unternehmen bemüht. Leider blieben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Auf beiden Seiten. Aus deutscher Sicht hat man denn dortigen Wettbewerb unterschätzt. Dies unter anderem auch zum eigenen Nachteil. China und die Türkei, die Emirate und mittlerweile auch die USA spielen hier eine immer stärkere Rolle, während Frankreich und die EU zunehmend an Einfluss verlieren. Dadurch, dass auch die Verarbeitung von Rohstoffen in den Industrieländern stattfindet, generiert der Staat keine Steuern, schafft keine Arbeitsplätze und ist so ewig abhängig von den Gebernationen. Hier muss man einen anderen Ansatz wagen. Das hängt manchmal von beiden Seiten ab. Das Problem der Migration ist nicht das Bevölkerungswachstum, sondern der Protektionismus des europäischen Arbeitsmarktes. “Man stiehlt uns nicht nur die Bodenschätze, sondern auch noch die Arbeit”, sagen mittlerweile die Jugendlichen in Afrika. Das Internet hat dort ein neues Bewusstsein für die eigene Realität geschaffen. Ich hoffe, dass mit einer neuen Bundesregierung Deutschland auf diesem Terrain wieder an Einfluss gewinnt. Das heißt auch, dass wir von unserer Besserwisserei und missionarischer Bevormundung etwas Abstand nehmen müssen. Wir unterstützen nämlich nicht nur die Afrikaner. In diesem System unterstützt Afrika auch uns.
Sie leben seit mehreren Monaten in Mijas Costa. Haben Sie Lieblingsplätze?
Oh ja, ich gehe immer gerne in mein Chriringuito Lo del Nanet in La Cala in Mijas. Ich mag auch Málaga sehr gerne, weil es einfach sehr schön ist. Das Picasso Museum und besonders das Flamenco-Theater, welches von einem Spanier geführt wird, der in Deutschland aufgewachsen ist, sind meine Highlights. Auch Cádiz fand ich sehr interessant. In Granada und Sevilla war ich noch nicht, das werde ich jetzt in den kälteren Monaten nachholen. Ich bin zwischendurch gerne in Deutschland, in Bayern, in Berlin. Ich habe gerade auch eine längere Vortragsreise in Bezug auf mein Buch in Sachsen hinter mir. Die vorläufig letzte Veranstaltung war dann in Göppingen.
Was ist derzeit besonders wichtig für Sie?
Ich versuche, das Leben etwas mehr zu genießen, und bin dabei ständig in Kontakt mit meinen Kindern. Sie haben alle ihr Studium abgeschlossen und sind in interessanten Berufen tätig. Jetzt versuche ich, auch dem privaten Charles M. Huber ein bisschen mehr Spielraum zu geben, was nicht so einfach ist. Der “homo politico” in mir ist aber noch nicht tot, der kreative Geist des Künstlers ist noch nicht erloschen. Außerdem treibe ich nach wie vor Kampfsport und spiele hin und wieder mit einigen Freunden eine Runde Golf. Darunter sind auch viele Schotten, Iren und Engländer. Meine Strandbar in Cala Mijas ist nun für vier Monate dicht. Dann gehts wahrscheinlich erst einmal nach Deutschland.
Sie lernen jetzt eine neue Kultur kennen. Wie gefällt es Ihnen an der Costa del Sol?
Ich finde Andalusien landschaftlich und kulturell toll und ich finde die Menschen hier sehr herzlich, sehr feinsinnig, sehr höflich. Das schöne an der Gegend ist, dass alles hier einfach auch sehr international ist. Es sind Kleinigkeiten, viele kleine Gesten, welche das Leben schön und angenehm machen. Ich finde, Andalusien ist insgesamt einer der tollsten Plätze, wo ich jemals gelebt habe. Hier ist alles etwas lebendiger und bei den Andalusiern muss man auch nicht leise reden. Das hat man hiermit den Bayern gemein. Leben und leben lassen.