Spaniens Fußballerinnen in Málaga
Sydney, 20. August 2023: Die spanischen Frauen sichern sich sensationell den Weltmeistertitel im Fußball gegen England mit einem 1:0-Sieg. Die Freude darüber währte jedoch nur einen Tag.
In den Medien tauchte ein Video auf, in dem der damalige Verbandschef Luis Rubiales aus Granada der Spielerin Jenni Hermoso einen Kuss auf die Lippen drückt. “Ich wollte das nicht”, hatte Jenni Hermoso in einem Video aus der WM-Umkleidekabine gesagt. “Aber was sollte ich machen?”
Der Kuss ging um die Welt und die weltweiten Proteste wurden größer. Rubiales weigerte sich zunächst hartnäckig, Konsequenzen zu ziehen. Als aber auch der eigene Verband auf Distanz ging, blieb ihm keine andere Möglichkeit mehr, als zurückzutreten.
Dabei war der Kuss von Rubiales nur der Auslöser, nicht aber der Grund des Problems: Schon im November 2022 waren 15 Spielerinnen geschlossen aus dem spanischen Nationalteam zurückgetreten. Auch aus Protest gegen Nationaltrainer Jorge Vilda, dem Respektlosigkeit und Übergriffigkeit vorgeworfen wurde.
Die Spielerinnen forderten ein Umdenken, doch der Verband unter Präsident Luis Rubiales stellte sich hinter Nationalcoach Vilda und forderte eine Entschuldigung der Spielerinnen. Nur ein Teil von ihnen kehrte in die Nationalmannschaft zurück und spielte in Sydney, wo nach dem Titelgewinn erst einmal alles wieder in Ordnung schien.
Der Rubiales-Kuss machte jedoch wieder sichtbar, wogegen die Spielerinnen gekämpft hatten. Sie entschlossen sich erneut, für weitere Spiele nicht zur Verfügung zu stehen, wenn es keine grundlegenden Änderungen in der Struktur gibt. Das spanische Motto #SeAcabó (“Es reicht!”) wurde weltweit bekannt, nicht nur in der Welt des Fußballs.
Erst als sich der spanische Sportrat CSD als Vermittler einschaltete, wurden in nächtelangen Verhandlungen erste Erfolge und Fortschritte erzielt, die auch die Spielerinnen akzeptieren konnten.
Aushängeschild für Gleichberechtigung
“Wir wollen nur Fußball spielen. Aber wir können unsere Verantwortung nicht leugnen”, sagt dazu die Gewinnerin des Balón de Oro 2023, Aitana Bonmati. Die Fußballerinnen sind nicht nur Weltmeisterinnen, sondern haben auch eine Bewegung in Gang gesetzt, ähnlich der MeToo-Bewegung in Hollywood.
Was sie erreicht haben, ist beachtlich: Das Interesse am Frauenfußball wächst in Spanien, die Stadien füllen sich, die Verbände professionalisieren die Frauenliga. Die Spielerinnen erhalten höhere Gehälter und eine professionellere Ausstattung. Außerdem wurden personelle Änderungen im Verband vorgenommen.
Interessant ist auch, dass alle Fußballerinnen eine Ausbildung haben. Kapitänin Alexia Putellas, die zweimal den Balón de Oro gewonnen hat, ist Master of Business Adminstration, Aitana Bonmati ist ausgebildete Sportlehrerin, ebenso wie viele andere des Weltmeisterschaftskaders.
Auf dem Weg zu Olympia 2024 in Paris
Inzwischen ist es ruhiger geworden, und die Weltmeisterinnen haben mit einer Ausnahme alle Ausscheidungsspiele in der Nations League gewonnen. Sie werden von der neuen Trainerin Montse Tome angeführt, die den ehemaligen Trainer Jorge Vidal ersetzt.
Die Nations League ist ein neues Format und in diesem Jahr besonders wichtig, weil die Ausscheidungsspiele für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris dienen.
Die Endplatzierung der Nations League spielt zudem eine Rolle für die anschließende EM-Qualifikation, die im Frühjahr 2024 beginnt. Am Ende der Qualifikation fahren die Gruppensiegerinnen und die Gruppenzweiten der Liga A zur EM 2025, die in Deutschland und der Schweiz stattfindet.
Am 5. Dezember spielen die spanischen Weltmeisterinnen um 18:50 Uhr im Stadion La Rosaleda in Málaga gegen Schweden. Tickets sind unter diesem Link erhältlich.
Im Fernsehen wird das Spiel Spanien-Schweden auf dem spanischen Fernsehsender TV1 übertragen. Neue Informationen zu den Spielerinnen und den Spielen gibt es regelmäßig auf dem X (früher Twitter)-Account der Selección Española Femenina de Fútbol.