Die deutsche Vizekonsulin in Málaga, Susanne Kempermann stammt aus Bassum, einem kleinen Ort in Norddeutschland. Aufgewachsen ist sie in den Niederlanden und in Hamburg und seit 1982 im Auswärtigen Amt tätig. Da im diplomatischen Dienst alle paar Jahre der Standort gewechselt wird, war sie Laufe ihres Berufslebens in Bonn und Berlin, den Niederlanden, Algerien, Paraguay, Argentinien und Mexiko eingesetzt.
Seit Sommer 2021 ist sie im Konsulat in Málaga und bereits das dritte Mal in Spanien tätig. Zweimal war Susanne Kempermann an der Botschaft in Madrid und kennt Spanien seit 1984. Wir haben mit der Vizekonsulin über ihre Aufgaben im Konsulat, die Bedeutung ihres Klaviers und über Málagas Vorort El Palo gesprochen.
Welche Aufgaben hat ein Vizekonsul?
“Vizekonsul” ist im Grunde nur eine protokollarische Bezeichnung. Wir sind als solche bei der spanischen Regierung angemeldet. Es kann in jeder Auslandsvertretung nur einen “Konsul” geben, als Leiter/in der Rechts-und Konsularabteilung der Botschaft oder als Leiter/in eines deutschen Konsulats. Andere entsandte Mitarbeiter eines Konsulats sind dann die “Vize”, also Stellvertreter.
Welche Aufgaben ein Vizekonsul hat, ist ganz unterschiedlich. Hier in Málaga übernimmt der Konsul, Arnulf Braun, die Bereiche politische Kontakte, Betreuung von Wirtschaftsdelegationen, die Organisation von Kulturevents und die Öffentlichkeitsarbeit, während mein Kollege-Vize Peter Lüder und ich uns die klassische Konsulararbeit teilen, also Passangelegenheiten, Beglaubigungen, Hilfe für Deutsche, Erbangelegenheiten usw., dazu kommt natürlich ein starkes Team lokaler Mitarbeiter. Wenn Konsul Braun als Behördenleiter abwesend ist, bin ich seine Vertreterin, einer vor uns ist immer vor Ort.
Ist die Arbeit in Málaga anders als in Ihren vorherigen Stationen?
Die konsularische Arbeit an sich ist weltweit ähnlich, einen gültigen Ausweis und sonstige “Papiere” braucht jeder und Deutsche mit den unterschiedlichsten Problemen gibt es auch überall. Aber es ist schon ein Unterschied, ob man in einem arabischen Land tätig ist, an einer sehr großen Botschaft in einem sehr großen Land oder aber in an einer kleineren Vertretung mit einem Amtsbezirk, den man in wenigen Stunden durchfahren hat.
Nach langen Jahren mit sehr viel “Rummel” jeden Tag schätze ich es durchaus, dass hier in Málaga alles kleiner, persönlicher ist und es die Umstände auch erlauben, die einzelnen Kunden mehr wahrzunehmen als an Posten, wo täglich Hunderte von Personen vorsprechen. Und natürlich, wir sind hier in Europa, die örtlichen Behörden sind zuverlässig, und auch die Lebensqualität ist in Málaga sehr hoch – sogar im Vergleich mit Deutschland.
Welches sind die Nachfragen, die bei den deutschen Bewohnern an der Costa del Sol immer wieder auftauchen?
Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist die Pass-und Personalausweisstelle für Deutsche mit Wohnsitz in Andalusien, dazu kommen jeden Tag mehrere Reisende, die ihre Dokumente eingebüßt haben. Die Zahl der Ausweisanträge hat seit Corona enorm zugenommen und es ist in der Tat nicht einfach, einen Passtermin zu erwischen, weil die Nachfrage hoch und das zentrale Buchungssystem des Auswärtigen Amts veraltet und leider auch störanfällig ist (Uns wurde ein besseres System angekündigt, das wird hoffentlich bald in die Praxis umgesetzt). Ich kann aber versichern, jedem mit einem dringenden Anliegen können wir auch jetzt kurzfristig helfen, und jede Mail an das Konsulat wird beantwortet.
Wir kümmern uns auch – das bringt die Altersstruktur der residenten Bevölkerung mit sich – jede Woche um mehrere Hilfsbedürftige und Todesfälle. Wir werden oft gebeten, nach Angehörigen von Erkrankten oder Verstorbenen zu suchen, weil augenscheinlich niemand anders da ist, der sich kümmern kann. In diesen Fällen sorgen wir in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden etwa dafür, dass der oder die Verstorbene ein würdiges Begräbnis bekommt. Anfragen bekommen wir auch, wenn Eltern ein Kind in Spanien bekommen und dafür gern deutsche Papiere hätten, zu Nachbarschaftsstreitigkeiten oder wenn eine Scheidung im Raum steht.
Für viele der (manchmal auch kuriosen) Anfragen sind wir gar nicht der richtige Ansprechpartner, aber wir orientieren, an welche deutsche oder spanische Stelle man sich mit seinem Anliegen wenden könnte. Da haben wir öfter den Eindruck, man “fragt einfach mal das Konsulat, die werden das schon wissen”, statt selbst zu recherchieren. Aber wir freuen uns natürlich auch über das Vertrauen, das uns entgegengebracht wird.
Eigentlich sind wir also etwas wie ein Bürgeramt für Auslandsdeutsche mit einem Quäntchen Telefonseelsorgedienst und angeschlossenem Notariat. Einen guten Überblick über das Serviceangebot der deutschen Konsulate in Spanien und sehr viele Infos für Deutsche in Spanien findet man übrigens auf www.spanien.diplo.de.
Haben Sie in Málaga auch schon schwierige Situationen erlebt?
Es gibt immer wieder Fälle, die uns trotz jahrelanger Routine sehr nahegehen, tragische Notfälle mit hilflosen alten Personen oder Kindern zum Beispiel. Ich finde manchmal bedrückend, dass es doch eine ziemlich große Zahl von Deutschen gibt, die ganz bewusst lieber zurückgezogen leben und dann hier einsam in ihren Häusern oder Wohnungen leben und sterben. Wir können manchmal auch “einfach nicht helfen”, gerade Personen mit psychiatrischen Problemen können sehr kompliziert sein und das ist dann auch für meine Kollegen oft belastend. Aber wir haben hier zum Glück ein langjährig eingespieltes und sehr professionelles Team lokaler Mitarbeiter.
Wie ist die Zusammenarbeit mit anderen Konsulaten und spanischen Behörden?
Wir arbeiten hier vor allem mit der Polizei, der Guardia Civil, den Standesämtern, den örtlichen Sozialdiensten, Krankenhäusern und Bestattungsunternehmen zusammen. Aufgrund unter anderem des Europäischen Fürsorgeabkommens und anderer europäischer Bestimmungen sind für die meisten Belange der residenten Deutsche primär die spanischen Behörden direkt zuständig, das funktioniert im Großen und Ganzen gut und wenn es mal hakt, da können wir meist vermitteln.
Die Welt wird komplexer. Haben sich die Aufgaben im Konsulat in den letzten Jahren geändert?
Wie ich schon gesagt habe, die konsularischen Kernaufgaben umfassen die administrativen Notwendigkeiten des Lebens von Geburt bis Tod, und daran ändert sich letztlich wenig. Ich finde es erfreulich, dass sich mittlerweile außer Ruheständlern vermehrt die sogenannten “Digital Nomads”, also junge deutsche Familien, die wohnortunabhängig im Internet arbeiten, gern an der Costa del Sol niederlassen. Auch das Auswärtige Amt stellt zunehmend auf Digitalisierung um, es wird in nicht allzu ferner Zeit möglich sein, Pässe und anderes online zu beantragen. Davor sollte niemand Sorge haben, der wenig oder kein Internet nutzt. Daran ist gedacht, und andere Länder, die in der Beziehung schon viel weiter sind (zum Beispiel Spanien!) haben damit gute Erfahrungen gemacht.
Gibt es eine Station, in der Sie am liebsten gewesen sind?
Ich werde oft gefragt, wo man als Diplomat eigentlich “zu Hause” ist. Ich sage dann meist, ich bin da zu Hause, wo grad mein Klavier steht, und das habe ich in den letzten 40 Jahren ziemlich oft umgezogen und mich eigentlich überall wohl gefühlt. Drei unserer Kinder und die Enkel leben in Argentinien und Uruguay, da reisen wir natürlich oft hin, am Rio de la Plata ist schon ein großes Stück Herz geblieben. Die Leute amüsieren sich auch immer wieder über den “tonito argentino”, wenn wir spanisch sprechen. Mein weitgereistes Klavier habe ich bei einer Freundin in Buenos Aires untergestellt. Ein neues Klavier steht seit Weihnachten in unserem Haus in El Candado.
Sie wohnen in einem Außenbezirk von Málaga. Was gefällt Ihnen daran?
Mir gefällt an El Candado und El Palo, dass es nicht so touristisch geprägt ist, muy de barrio sozusagen. Man ist in Geschäften, Bars und so weiter bekannt, in der Kirchengemeinde herzlich willkommen und wird auf der Straße gegrüßt. Die Chiringuitos sind wirklich spitze und viel günstiger als woanders. Trotzdem ist man schnell im Zentrum, zur Arbeit oder wenn man ins Konzert will oder was erledigen muss. Mir gefällt auch, dass die Paleños immer noch “ir a Málaga” sagen, obwohl es ja schon lange ein Stadtteil von Málaga ist.
Gibt es Lieblingsplätze in der Provinz, was machen Sie gerne zum Entspannen?
Die Entspannung fängt schon an, wenn ich nach der Arbeit die Bucht entlang nach Hause radele, so einen schönen Weg von und zur Arbeit haben sicher nicht viele im Auswärtigen Dienst. Von uns aus ist man gleich auf dem Camino de Olías oder oben auf dem Monte San Antón, das überrascht unsere Besucher, wie schnell man aus der Stadt heraus “auf dem Campo” ist und wandern kann. Wir fahren auch sehr gern mit dem Motorrad durch Andalusien.
Können Sie sich vorstellen, in Málaga zu bleiben?
Man weiß nie, was die Zukunft bringt, und ich müsste erst noch ein Weilchen in Berlin arbeiten, wenn mein “turno” hier in zwei Jahren zu Ende geht, aber unser Rentnerhäuschen in El Candado haben wir schon erworben, im Moment können mein Mann und ich uns schon vorstellen, nach der Rente ganzjährig an der Costa del Sol zu leben.