Prinzessin Marie Louise von Preußen Interview
Als Mitgründer und langjähriger Direktor des legendären Marbella Club Hotels hatte Rudolf, Graf von Schönburg-Glauchau, im Volksmund Graf Rudi oder Conde Rudi genannt, entscheidenden Anteil daran, dass Marbella zu einem internationalen Touristenziel wurde.
Seine Kindheit hatte „Conde Rudi“ im elterlichen Schloss in Glauchau (Sachsen) verbracht, bis die Familie vor russischen Truppen fliehen musste. Nach seinem Studium an der berühmten Hotelfachschule in Lausanne kam er 1956 auf Einladung seines Cousins, des verstorbenen Prinzen Alfonso von Hohenlohe, nach Südspanien, um den Marbella Club zu leiten. Seine Hochzeit mit Prinzessin Marie Louise von Preußen fand 1971 im Schloss Donaueschingen statt.
Wir haben mit Prinzessin Marie Louise von Preußen anlässlich ihres kürzlich begangenen 80. Geburtstag und dem 93. Geburtstag ihres Mannes gesprochen.
Der September ist für Sie ein Monat der Feierlichkeiten…
Ja, wir haben den Geburtstag von meinem Mann immer sehr groß mit einer Gala gefeiert. Zum einen, weil er es liebte, Feste zu feiern, und zum anderen hat sich dadurch die Saison verlängert. Die Gäste sind dann immer extra für seinen Geburtstag angereist, weil sie das schon wussten.
In diesem Jahr haben meine Kinder für mich eine Feier organisiert und das war eine große Freude, denn sonst habe ich immer alle Galas und Geburtstage organisiert.
Wie haben Sie Ihren 80. Geburtstag gefeiert?
Das Fest fand auf dem Terrain statt, das früher den Bismarcks gehört hat und welches der Marbella Club gekauft hat. Es waren 80 Gäste da, für die 80 Jahre meines Lebens.
Wir haben mit Cocktails auf der Terrasse gestartet, und danach gab es ein Mittagessen unter den Olivenbäumen. Alles war sehr rustikal, aber auf eine elegante Art. Jeder Gast bekam ein Kärtchen mit einem Gemüse darauf und musste dann seinen „Gemüsetisch“ finden, zum Beispiel Tomaten, Kürbisse oder Karotten, die auf dem jeweiligen Tisch drapiert waren.
Die Tische waren in Zehnergruppen arrangiert, und man konnte sich an seinen Tisch setzen, wie man wollte. Das war sehr locker, mit Flamenco-Künstlern, die auftraten. Und es standen Esel vor der Tür, das gehörte einfach dazu.
Ein Fest mit Eseln, das erinnert ein bisschen an die Zeiten damals im Marbella Club, als Prinz Alfonso von Hohenlohe bei einer Party im Scheichkostüm auf einem Esel angeritten kam…
Ja, das ist richtig. Als Graf Rudolf von Schönburg die Leitung übernommen hatte, gab es viele solcher Feste. Und das war auch die Idee meiner Kinder bei diesem Anlass. Zurück zu den alten Zeiten, zu den Anfängen von Marbella. Es war eine wunderbare Stimmung. Man konnte gar nicht glauben, dass man in Marbella war und nicht irgendwo auf dem Land in einer Finca. Man ist mitten in der Natur, umgeben von Gemüsebeeten und blühenden Pflanzen, das ist wirklich idyllisch.
Wie haben Sie und Ihr Mann, Graf Rudolf von Schönburg, sich kennengelernt?
Ich kannte ihn schon indirekt über Familienverbindungen, aber getroffen haben wir uns in Somalia, als ich für seinen älteren Bruder gearbeitet habe, der dort einen Radiosender aufgebaut hat. Ich war dort für drei Monate als Kinderkrankenschwester und habe mich um das Neugeborene gekümmert.
Mir hat es so gefallen in Somalia, dass ich verlängert habe, auf sechs Monate, und dann wollte ich eigentlich noch länger bleiben. Aber Graf Joachim von Schönburg sagte mir, es wäre Zeit, dass ich zurück nach Deutschland fahre, und zudem würde sein geliebter Bruder Rudolf aus Kenia zu Besuch kommen und sie bräuchten das Zimmer für ihn.
Ich musste abreisen, und ich bin mit dem Flug weggeflogen, mit dem er ankam. Wir sind uns am Flughafen begegnet, aber nicht sehr freundlich, weil ich sehr gerne noch länger geblieben wäre und seinetwegen abreisen musste.
Wie kam es dann 1971 zu Ihrer Hochzeit?
Wir haben uns bei Familienfeierlichkeiten wiedergetroffen und so fing das langsam an. Wir hatten eine wunderschöne Hochzeit auf Schloss Donaueschingen und anschließend waren wir sechs Wochen auf Hochzeitsreise. Zuerst New York, dann San Francisco, Los Angeles, Mexiko, Acapulco, Peru, Venezuela und schließlich Brasilien. Es war aufregend und spannend, aber auch sehr anstrengend, gerade nach einer so langen Hochzeitsfeier.
Ging es danach direkt nach Marbella?
Ja, wir bauten ein Haus, ich kümmerte mich um die Familie und die Wohltätigkeitsarbeit. Mein Mann leitete bereits seit Mitte der 50er Jahre den Marbella Club. Ich sprach zunächst nur ein wenig Italienisch und musste erst Spanisch lernen.
Es war nicht immer einfach, weil mein Mann sich voll dem Marbella Club gewidmet hat. Er hat sich immer sehr um die Gäste gekümmert und sich für den Club engagiert, aber wir haben es geschafft. Er wollte Privatleben und den Marbella Club nie trennen, ich hingegen wollte Familie und ein Zuhause. Ich habe parallel über Jahre für die Hilfsorganisationen UNICEF, das Rote Kreuz und Concordia gearbeitet.
Sie haben sich sehr stark für Wohltätigkeitsorganisationen engagiert…
Ich habe 20 Jahre für UNICEF gearbeitet, dann für das Rote Kreuz und danach nochmal 27 Jahre für Concordia. Damit habe ich mir neben dem Marbella Club mein Terrain aufgebaut. Das war mir wichtig. Wenn du glücklich bist und die Möglichkeit hast, etwas zurückzugeben, und noch dazu die Chance hast, dass Menschen dir mehr zuhören und du einige Türen öffnen und Hilfe bekommen kannst, dann muss man das nutzen. Ich finde, das ist ein Privileg und eine Verantwortung zugleich.
Vor drei Jahren hat sich Rudolf von Schönburg aus dem Marbella Club zurückgezogen. Wie war für Sie der Übergang?
Mit 88 kümmerte er sich noch um den Club, brauchte aber zunehmend Ruhe. Aber dann kam die Covid-Epidemie und wir mussten ja alle zu Hause bleiben. Und so schlimm Covid war, es war eigentlich zum ersten Mal, dass mein Mann realisiert hat, wie schön es auch zu Hause ist und dass er auch mal Ruhe haben kann und andere Dinge genießen kann wie Briefe schreiben, lesen oder einfach Zeit miteinander verbringen.
Gab es auch schwierige Zeiten?
Ja, nach dem Tod von Franco haben die Gewerkschaften an der Costa del Sol zum Streik für bessere Arbeitsbedingungen aufgerufen. Im Marbella Club gab es keinen Grund für einen Streik, und wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, aber sie haben mitgemacht aus Solidarität. Um sechs Uhr morgens wurden wir angerufen, dass gestreikt wird. Das war ein Riesenschock.
Wir haben alle unsere Freunde angerufen und sie sind alle gekommen, um zu helfen. Mein Mann hat den Service organisiert und ich sollte beim Telefon sein, weil ich ein Baby erwartete. Aber ich konnte das nicht, das war zu kompliziert. Am Ende habe ich dann Teller gespült.
Meine Freundinnen, zum Teil Prinzessinnen und Comtessen, haben die Betten gemacht und Ähnliches, es war unglaublich. Der Streik hat zwei Wochen gedauert. Es war hart, aber beeindruckend zu sehen, wie alle geholfen haben.
Gab es noch mal einen Streik?
Nein, aber das Lustige war, dass im nächsten Jahr die Gäste angerufen haben und gefragt haben, ob es erneut einen Streik gibt. Die Telefonistin sagte ihnen, dass alles in Ordnung sei, woraufhin die Gäste wirklich enttäuscht waren, dass nicht wieder Prinzessinnen und Comtessen ihre Betten machen werden.
Zum 90. Geburtstag von Graf Rudolf von Schönburg im Jahr 2022 ist ja seine Biografie erschienen?
Genau. Sie erzählt von seiner Zeit im Marbella Club, den Festen, den Begegnungen mit Prominenten und von seinem unermüdlichen Einsatz für Gäste und Mitarbeiter. Mein Mann behandelte Gäste wie Freunde und bemühte sich stets, ihre Wünsche zu erfüllen. Das war etwas Besonderes in der Hotellerie. Dieser Geist lebt bis heute im Marbella Club weiter, für alle spürbar, die dort verweilen.
Ihre Kinder und Enkel leben auch in Spanien. Wie oft sehen Sie sich?
Unsere beiden Kinder leben in Spanien, was für uns ein großer Vorteil ist. Mein Sohn Friedrich wohnt in Madrid und arbeitet dort als Direktor des Hotels Rosewood Villa Magna. Mit dem Zug ist er in zweieinhalb Stunden in Málaga und kommt regelmäßig zu Besuch, meist an den Wochenenden. Das ist für uns eine große Freude.
Unsere Tochter Sophie lebt in Valencia und betreibt dort sehr erfolgreich eine Event-Agentur. Dorthin zu reisen, ist etwas aufwändiger, aber sie besucht uns dreimal im Jahr.
Die Enkelkinder gehen in Valencia auf die Deutsche Schule. Sie sind sehr glücklich, obwohl sie zu Hause fast ausschließlich Spanisch sprechen, da ihr Vater Spanier ist. Es ist sehr süß, wenn sie Deutsch mit spanischem Akzent sprechen.

Sie haben es angesprochen. Ihr Mann war hier an der Deutschen Schule Málaga sehr engagiert?
Ja, das hat mich besonders gefreut, denn anfangs war mein Mann gar nicht in schulische Themen eingebunden, das blieb überwiegend an mir hängen. Später bat ihn Generalkonsul Juan Hoffmann jedoch, bei den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Deutschen Schule in Málaga mitzuwirken. Daraufhin wurde er Präsident des Schulpatronats und hat acht Jahre lang ehrenamtlich für die Schule gearbeitet. Das war ein wichtiger Schritt, und die Schule hat sich seither sehr positiv entwickelt.
Die Schule verfügt über ein fantastisches Lehrerteam. Sie wird immer besser, braucht aber dringend finanzielle Unterstützung, vor allem für den Neubau einer Grundschule. Das bestehende Gebäude ist veraltet und nicht mehr zeitgemäß. Diese Schule gehört meiner Meinung nach zu den besten Auslandsschulen an der Küste. Vielleicht gibt es ja jemanden, der helfen möchte?
Wie geht es Ihnen jetzt nach so vielen Jahren in Spanien? Fühlen Sie sich mehr als Spanierin oder doch noch als Deutsche?
Ehrlich gesagt fühle ich mich nicht als Spanierin, sondern eher als Europäerin. Deutschland hat sich in den letzten 50 Jahren sehr verändert, seit ich nicht mehr dort lebe.
Ich lebe nun seit 45 Jahren hier und bin genauso lange verheiratet. Natürlich ist dieses Land zu meiner Heimat geworden. Allerdings, wenn es ein Fußball- oder Tennisspiel gibt, bei dem Deutsche gegen Spanier antreten, dann halte ich mit meiner kleinen deutschen Fahne zu Deutschland. Aber meine Familie hält geschlossen mit der spanischen Flagge dagegen.
Was bedeutet Marbella für Sie?
Ich bin unglaublich dankbar, dass ich hier leben darf, bei diesem Klima, unter fast immer blauem Himmel. Trotzdem freue ich mich jedes Mal, nach Deutschland zu kommen und meine Verwandten zu sehen, besonders meinen Bruder in München und seine Familie.
Zu meinem Geburtstag war ich sehr gerührt, denn meine ganze Familie ist angereist, aus Hamburg, München, Stuttgart, teils nur für zwei Tage. Mit Kindern, Enkelkindern, sogar ein Baby war dabei. Wir hängen alle sehr aneinander. Für mich ist Familie etwas ganz Wichtiges. Wir versuchen, uns regelmäßig zu sehen und füreinander da zu sein, auch unsere Kinder und mittlerweile die Enkel.
Die haben jetzt ihre kleinen Cousinen kennengelernt und es war wunderschön zu sehen, wie sie sich sofort verstanden haben und sich gar nicht mehr voneinander trennen wollten. Es ist eine große Freude, dass dieses Miteinander weiterlebt.
Jetzt, wo Sie viel mehr Zeit haben, wie füllen Sie diese Zeit?
Wir führen mittlerweile ein ruhigeres Leben. Mein Mann hat gerade seinen 93. Geburtstag gefeiert und braucht viel Ruhe. Wir verbringen gerne Zeit auf unserer Terrasse, umgeben von Pflanzen und Blumen. Manchmal laden wir Freunde ein, denn der Kontakt zu Freunden ist für meinen Mann sehr wichtig. Alles hat seine Zeit – jetzt ist die Phase der Ruhe.
Gibt es Projekte, die Ihnen weiterhin am Herzen liegen?
Ja. Eine Freundin hat ihr Erbe unserer Stiftung Concordia vermacht, die nun über etwas mehr Mittel verfügt, um verschiedene Projekte in Andalusien zu unterstützen. Früher haben wir uns sehr in der Aidshilfe engagiert, jetzt helfen wir inzwischen auch älteren Menschen, besonders ausländischen Senioren in San Pedro. Viele von ihnen sind Frauen, die nach dem Tod ihrer Männer allein zurückbleiben und Unterstützung brauchen. Wir versuchen, ihnen das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein.
Sie haben zu Ihrem Geburtstag auch eine besondere Ehrung erhalten?
Ja, meine Kinder haben eine wundervolle Rede gehalten, ebenso Marbellas Bürgermeisterin Ángeles Muñoz, die sehr herzlich sprach. Sie hat angekündigt, in San Pedro einen Park nach mir zu benennen. Das hat mich besonders gefreut, denn ich liebe Blumen und Pflanzen. Ich freue mich schon darauf, vielleicht eines Tages dort auf einer Bank zu sitzen. Es wird vermutlich ein neuer Park entstehen, der genaue Ort steht jedoch noch nicht fest. Eine offizielle Einweihung ist ebenfalls geplant.
Das Interview führte Dana Novak für Costa del Sol ONline.


















































