Jairo Samperio ist der Mann der Stunde beim FC Málaga. Der 27-jährige Flügelstürmer, der unter anderem auch schon für Mainz 05 und den Hamburger SV aufgelaufen ist, erlebt nach schweren Verletzungen gerade so etwas wie einen Neustart. Im Doppelinterview mit Borja Gutiérrez vom Diario SUR und mit dem Autor dieses Artikels gibt der begabte Techniker einen aktuellen Einblick rund um den Club von der Costa del Sol. Nach einer schwierigen Anfangsphase kommt Jairo langsam aber sich wieder in die Form, die ihn einst bei Sevilla oder Mainz ausgezeichnet hat. Über seine Erfahrung in Deutschland findet er, trotz der schweren Zeit in Hamburg, nur positive Worte.
Sie sind der Mann der Stunde beim FC Málaga. Wie empfinden Sie das viele Lob derzeit?
Ich bin schon lange im Fußballgeschäft tätig und kann daher zum Glück ein gutes Gleichgewicht für mich erzeugen, wenn die Dinge gut oder schlecht laufen. Natürlich bin ich momentan sehr glücklich. Es ist wahrscheinlich mein bester Moment in den vergangenen beiden Jahren. Ich profitiere zudem davon, dass das Team gerade einen guten Lauf hat. Aber ich gebe mich mit ein paar guten Spielen jetzt nicht zufrieden. Ich will persönlich und mit der Mannschaft die aktuelle positive Dynamik beibehalten.
Die letzten beiden Jahre waren aufgrund Ihrer schweren Verletzung (doppelter Kreuzbandriss) mit Sicherheit nicht einfach…
Nach einer schweren Verletzung braucht man immer Zeit, bis man wieder auf ein gutes Niveau kommt. Stand heute kann ich mich aber nur an positive Dinge erinnern. Man bekommt einen anderen Blick auf die Dinge, als wenn man fit ist, wie zum Beispiel die simple Teilnahme am täglichen Training. Ich kann mich glücklich schätzen, wieder auf hohem Niveau Fußball zu spielen, und das an einem Ort wie Málaga.
Geduld war gefragt, den in der Hinrunde saßen Sie meist nur auf der Auswechselbank.
Rahmani und Joaquín waren in einer super Form. Der Trainer hat sich daher meistens für die beiden entschieden, fertig. Wenn die Mitspieler besser sind, dann muss man das akzeptieren, hart arbeiten und auf seine Chance warten. Es ist mit Sicherheit nicht einfach, zwischen Startelf und Ersatzbank hin und her zu wechseln. Aber im Fußball gibt es immer verschiedene Momente. Und jetzt ist mein Moment.
Wie ist Ihr bisheriges Fazit bezüglich der persönlichen Entwicklung und Ziele beim FC Málaga? Sie sind ja zu einem Club gewechselt, der erhebliche finanzielle Probleme hat und der einen Spieler wie Jairo nur bekommen konnte, weil Sie lange ausgefallen und vereinslos waren.
Für beide Seiten hat es einfach gepasst. Málaga ist nach wie vor ein großer Verein mit viel Geschichte, tollen Fans, breiter Medienaufmerksamkeit und von daher ein gutes „Schaufenster“ oder Sprungbrett für Spieler. Der Club kannte natürlich auch meine bisherige Karriere und was ich leisten kann. Mir hat vor allen Dingen zugesagt, dass der Club, genauso wie ich selbst, an einem Punkt angelangt war, an dem ein Neuanfang anstand. Nochmal quasi von vorne beginnen und etwas Neues aufbauen. Ich glaube diese Situation hat im gesamten Kader dazu geführt, dass wir einen tollen Teamgeist entwickelt haben, wo jeder für den anderen kämpft. Wenn wir zusammen stark sind, dann bringt uns das auch persönlich wieder nach vorne.
Genaus das hört mam immer wieder von verschiedenen Seiten, dass ein tolles Ambiente vorherrscht. Der FC Málaga will daher so viele Spieler wie möglich halten, bei denen der Vertrag am Saisonende ausläuft. Glauben Sie, dass die Spieler erneut bereit wären, finanzielle Abstriche zu machen, um bleiben zu können?
Ja, ganz ehrlich! Ich kann keine Namen nennen, aber ich weiß, dass hier alle glücklich sind. Es läuft sportlich gut und die Stimmung im Verein ist super. Und das ist für einen Spieler sehr, sehr wichtig. Daher bin ich mir sicher, dass viele gerne bleiben würden, wenn sich die Möglichkeit ergibt.
Lassen Sie uns noch über Ihre Erfahrung in Deutschland und der Bundesliga sprechen. Wie war die erste Etappe in Mainz?
Sehr gut! Ich habe nie bereut, den FC Sevilla Richtung Mainz verlassen zu haben. Natürlich musste ich mich erst einmal etwas eingewöhnen, sportlich wie auch kulturell. Die Trainingseinheiten waren schon etwas härter als hier in Spanien. Im ersten Jahr lief es noch nicht so rund, aber in der zweiten Saison war stand ich regelmäßig in der Startelf. Außerdem haben wir den Einzug in die Europa League geschafft. Das mit einem Club wie Mainz 05 zu schaffen, war etwas ganz Besonderes und unvergesslich.
Wie war allgemein Ihr Eindruck von der Bundesliga?
Es war alles sehr professionell organisiert. Besonders beeindruckt haben mich die immer vollen Stadien, bei Wind und bei Wetter. Das hat mit Sicherheit mit den im Vergleich zu Spanien günstigen Eintrittspreisen zu tun. Es ist etwas sehr Schönes in einem vollen Stadion zu spielen. Ich kann mich zum Beispiel noch gut an die Auswärtsspiele in Dortmund erinnern, mit der gelben Wand. Sowas möchte jeder Spieler einmal erlebt haben.
Ihre Zeit beim HSV, ein absoluter Traditionsverein in Deutschland, war hingegen sportlich als auch persönlich nicht so einfach, oder?
Die schwere Verletzung war mit Sicherheit die schwierigste Zeit bisher in meiner Karriere. Gleichzeitig habe ich bei Hamburg aber auch viele tolle Menschen kennengelernt, die mir durch diese harte Zeit geholfen haben. Dass der HSV zu den großen Clubs in Deutschland gehört, bekommt man schnell mit. Das mediale Interesse und der Druck waren immer sehr groß, der Aufstieg eigentlich Pflicht. Ich bin immer noch traurig, dass wir es damals nicht geschafft haben, in die erste Liga zurückzukehren. Da gehört der HSV auf jeden Fall hin. Für mich war es eine Ehre, das Trikot dieses Vereins getragen zu haben.
Gibt es eine besondere Anekdote, an die Sie sich erinnern?
Es gab schon die ein oder andere kuriose Geschichte. Eine Sache fällt mir spontan ein: Ich wollte immer den Namen ‚Jairo‘ auf meinem Trikot haben. Das ging aber auf Teufel komm raus nicht. In Deutschland muss man dafür anscheinend extra einen Künstlernamen im Pass oder Ausweis offiziell eintragen lassen. Diese strenge Auslegung hat mich schon etwas verwundert (lacht).
Die bisherige Karriere von Jairo Samperio
- Clubs: Racing Santander (2011-2013), FC Sevilla (2013-2014), 1. FSV Mainz 05 (2014-2018), UD Las Palmas (2018), Hamburger SV (2018-2020), FC Málaga (2020-)
- Spiele: 61 Partien in der Primera División, 67 in der Segunda División, 72 in der Bundesliga, 16 in der zweiten Bundesliga und 13 Spiele in der Europa League. 2014 gewinnt Jairo mit dem FC Sevilla die Europa League.
- Weitere Infos bei Wikipedia und transfermarkt.de