Interview mit Pfarrer Fritz Delp an der Costa del Sol
Pfarrer Fritz Delp war in seinem Leben schon an vielen Orten tätig. Nach dem Theologiestudium in Heidelberg verbrachte er ein Jahr in Athen, wo er sich unter anderem um deutsche Strafgefangene in griechischen Gefängnissen kümmerte.
Von dort aus ging es an die Costa Blanca in Spanien und anschließend wieder zurück nach Worms.
Seit dem 23. September 2024 ist er der neue Pfarrer der Deutschen Evangelischen Gemeinde an der Costa del Sol. Wir haben mit Fritz Delp über sein vielseitiges Engagement gesprochen.
Herr Delp, Sie haben in Ihrem Ruhestand die zehnmonatige Stelle als Pfarrer in der evangelischen Gemeinde der Costa del Sol angetreten. Wie kam es dazu?
Im August vergangenen Jahres rief die Evangelische Kirche in Deutschland bei mir an und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, den Dienst für den Kollegen Manfred Otterstätter zu übernehmen, der in den Ruhestand gegangen ist. Ich war ja schon früher im Auslandsdienst tätig, deswegen sind sie wahrscheinlich auch auf mich gekommen.
Sie waren bereits an vielen Orten als Pfarrer tätig. Können Sie da Ihre Erfahrungen einbringen oder gibt es große Unterschiede zwischen der Costa Blanca und der Costa del Sol?
Die Verhältnisse, die man vorfindet, sind vergleichbar. Aber von der Arbeit her ist es schon anders, weil die Aufgabe an der Costa Blanca eine viel größere und sehr viel umfangreichere war. Hier sind es nur zwei Gemeindegruppen, Marbella und Torrox. Und ich habe noch einen Ruhestands-Kollegen, Wilfried Steinke. Da ist das überschaubarer. Und das ist auch angemessen, weil wir als Ruhestandpfarrer ehrenamtlich tätig sind und keine Bezahlung erhalten.
Torrox und Marbella sind ja ziemlich verschieden, haben Sie in den beiden Gemeindegruppen ein unterschiedliches Publikum?
Ja, durchaus. Ich finde, diese Unterschiede sind auch sehr fruchtbar. Das haben wir auch an der Costa Blanca so gehabt, in den unterschiedlichen Gemeindegruppen. Da hatte ich zeitweise sechs oder sieben Gemeindegruppen mit einer Distanz von 600 Kilometern zu betreuen.
Es gibt unterschiedliche Bedürfnisse, wobei wir in beiden Gemeindegruppen hauptsächlich Ruheständlern begegnen, die hier ihren Lebensabend verbringen oder die zeitweise hier sind. Aber es sind durchaus unterschiedliche Ansprüche, die an uns gestellt werden. In Marbella zum Beispiel will man mehr mitbestimmen.
Was sind Ihre Schwerpunkte hier in Ihrer Arbeit?
Ganz klar der Gottesdienst. Wilfried Steinke und ich wechseln uns alle zwei Wochen bei den Gottesdiensten in Torrox und in Marbella ab. Der Gottesdienst beginnt jetzt in Marbella in der Kirche El Ángel um 11 Uhr, da 10.30 vielen zu früh war. Wir haben auch eine kleine Konfirmandengruppe, die mein Kollege Wilfried Steinke betreut.
Zu Ihrer Arbeit gehören auch Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten und die Seelsorge?
Seelsorge heißt, dass ich da bin, wenn sich Menschen in Krisensituationen befinden, um sie zu begleiten. Das ist ganz wichtig. Gerade ältere Menschen sind oft einsam, und da gehe ich hin. Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen die Menschen hier in den Gemeinden, und wir möchten, dass sie erkennen, dass sie mit ihren Sorgen zu uns kommen können. Das ist das Wesentliche.
Für die Deutschen hier in Spanien ist die Kirche immer auch bisschen ein Stück Heimat…
Auf alle Fälle ist das ein großes Stück Heimat. Das sehen wir auch an den Gottesdienstbesuchern, die wir haben. Und an der Teilnahme und dem Ablauf des Gottesdienstes. Das ist praktisch wie ein Gelände, an dem sich manche dann auch festhalten können und so ein Stück Heimat erleben können.

Mit welchen Problemen kommen die Deutschen hier an der Küste zu Ihnen?
Ach, das ist ganz unterschiedlich. Häufig kommt es vor, dass ein Trauerfall in Deutschland ist und die Distanz aber ein Hindernis ist. Und da bin ich als Trauerbegleiter gefragt. Ich spreche mit den Betroffenen, höre zu und begleite sie bei ihrer Trauerarbeit. Das ist mitunter sehr intensiv. Und eine der häufigsten seelsorgerlichen Aufgaben.
Aber es gibt auch ganz andere Aufgaben. Es gibt Beziehungskonflikte, wo man Rat sucht. Es gibt Konflikte innerhalb von Familien, die durch die Distanz Spanien – Deutschland getrennt sind, wo um Rat gefragt wird.
Und dann kommt es ja auch öfter vor, dass ein Partner stirbt und der andere dann alleine in Spanien nicht mehr zu Recht kommt. Ich kenne das auch aus meiner Zeit an der Costa Blanca. Der Mann war verstorben, das Paar hatte ein wunderschönes Haus oben am Berg, aber die Frau, die Witwe, war nicht mehr in der Lage, mit dem Auto zum Einkaufen herunterzufahren.
Engagieren Sie sich auch in sozialen Projekten?
Wir haben zwei soziale Projekte. Wir unterstützen die Tafel in Marbella und die Suppenküche in Estepona. Das heißt, wir sammeln nach jedem Gottesdienst in Marbella Lebensmittel ein, die verarbeitet oder die ausgeteilt werden. Die bringen wir entweder zur Tafel oder geben sie der Suppenküche, um arme Menschen zu unterstützen.
Den meisten Deutschen, die hier leben, geht es materiell gut, da kann man durchaus auch was abgeben.
Sie haben es angesprochen, Sie haben sehr aktive Gemeindemitglieder?
Ja, auch die, die jetzt nur zeitweise hier sind, wochenweise oder auch nur einmal im Jahr, die kommen trotzdem und fühlen sich der Gemeinde verbunden. Man kennt sich, man freut sich, sich wiederzusehen und ist willkommen. Das ist auch so ein Stück Willkommenskultur für die, die zu uns kommen.
Und das kann ich eigentlich nur allen, die das noch nicht kennengelernt haben, empfehlen, einmal zum Gottesdienst zu kommen und da eine Gemeinschaft kennenzulernen. Hinterher bleiben wir zusammen und trinken Kaffee.
Und das ist eine Kommunikationsplattform, wo auch viele Neuigkeiten ausgetauscht werden und man viel Wissenswertes über das Leben hier erfahren kann. Das ist schon auch informativ und ein Schutz vor Vereinsamung. Das ist sehr wichtig, gerade weil die meisten Rentner sind.
Manche gehen danach noch zusammen essen und es werden Treffen untereinander vereinbart. Das ist tatsächlich eine große Hilfe für viele.
Sie waren vor diesem Auslandseinsatz in Worms. Mussten Sie sich sehr umstellen, jetzt wieder in Spanien zu sein?
Das ist schon ein großer Unterschied. In Worms waren wir eine Gemeinde mit vielen hauptamtlichen Mitarbeitern und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Wir hatten zwei Gemeindepädagogen für Jugendarbeit und auch für Altenarbeit. Wir hatten einen hauptamtlichen Kirchenmusiker und sehr große kirchenmusikalische Konzerte, also wir haben auch Veranstaltungen gemacht, und wir hatten eine hauptamtliche Halbtags-Sekretärin.
Von daher waren wir anders ausgestattet und hatten natürlich auch eine größere Gemeinde. Da war auch der Aufgabenkatalog ein ganz anderer. Deswegen sind in Deutschland die Pfarrer hauptamtlich tätig, weil es da tatsächlich ein großes Aufgabenfeld gibt. Die beiden Gemeindegruppen hier haben eine überschaubare Größe.
Während Ihrer elfjährigen Tätigkeit als Pfarrer der Wormser Luthergemeinde standen Sie stets in der ersten Reihe, wenn es darum ging, Aktionen aus dem rechten Milieu entgegenzutreten?
Ja, da waren wir gerade frisch von Spanien zurück. Da sollte auf dem Karlsplatz vor der Lutherkirche eine Kundgebung der NPD stattfinden. Da haben wir gesagt, das wollen wir nicht, dass da so eine riesige Naziversammlung vor der Kirche stattfindet. Und da haben wir die Glocken geläutet. Das sind vier große Glocken in der Lutherkirche. Wenn man dann vor der Kirche steht, versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Damit konnte die Veranstaltung nicht stattfinden.
Aber es gab dann immer wieder Auseinandersetzung, weil sie immer wieder an anderen Stellen in Worms auftauchten. Da haben wir in der Luthergemeinde einen runden Tisch gebildet gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus und gegen diese ganze Nazi-Ideologie. Darin waren sehr viele kirchliche und gesellschaftliche Gruppen engagiert. Unser Hauptanliegen war, Informationen zu verbreiten, um Menschen über diese populistischen Strömungen aufzuklären.
Wie haben Sie sich persönlich eingelebt, hier an der Costa del Sol?
Am Anfang muss man sich orientieren, das ist ganz klar, bis man weiß, wo was ist. Aber das ist jetzt alles praktisch schon in den Alltag eingegliedert.
Wie kommen Sie mit der Mentalität in Andalusien zurecht?
Die andalusische Mentalität ist anders als an der Costa Blanca. Aber Schwierigkeiten gab es bisher überhaupt keine. Wir verständigen uns so gut wie wir können, und das ist sehr schön. Meine Frau und ich leben in einer Siedlung in Estepona und da sehen wir jeden Tag den Gärtner, der hier arbeitet, und unterhalten uns mit ihm. Er freut sich sehr, wenn er uns dabei immer ein wenig Spanisch beibringen kann.
Haben Sie auch Lieblingsplätze, wo Sie sich privat gerne aufhalten?
Das haben wir noch nicht. Aber sehr schön ist, dass die Gemeindegruppe in Marbella Wanderungen ins Hinterland organisiert. Dadurch haben wir schon sehr viele schöne Plätze kennengelernt, wo wir auch gerne hingehen. Und jeden Donnerstag sind wir schon immer ganz gespannt, was die Wandergruppe wieder ausgeheckt hat und wo sie uns hinführt. Das ist eine fixe Wandergruppe und das ist eine öffentliche Veranstaltung. Die Wanderungen werden am Sonntag im Gottesdienst angekündigt. Die Wandergruppe hat auch eine WhatsApp-Gruppe, bei der sich jeder anmelden kann. Diese Wanderungen sind altersgemäß so angelegt, dass jeder mitgehen kann.
Ich möchte den Menschen vermitteln, dass wenn wir uns als Gemeinschaft zusammenfinden, dass da auch ein Stück Geborgenheit entsteht. Man kann nicht nur Trost finden, wenn man eine schwere Zeit hat, sondern auch Freude, wenn man zusammenkommt und dass man zusammen auch lachen und Spaß haben kann.
Kontakt zu Pfarrer Fritz Delp
Marbella: Der Gottesdienst findet jeden Sonntag um 11 Uhr in der Kirche El Ángel statt. Kirche El Ángel, Nueva Andalucía, Conjunto Gil el Ángel Edificio el Puerto, 29660 Marbella.
Torrox: Der Gottesdienst findet jeweils am Samstag um 12 Uhr in der Kirche Santiago el Mayor in El Morche (Torrox Costa statt) statt. Parroquía de Santiago El Mayor, Carretera de Almería km 281, Calle Santiago 6, 29793 El Morche.
Kinder jeden Alters sind im Gottesdienst gerne gesehen. Nach jedem Gottesdienst lädt die Kirche zum Kirchenkaffee ein.
Das Interview führte Dana Nowak für Costa del Sol ONline.